Page 1 - Stipendium, Architektur, Fatima Blötzer (CH)
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Innenraumaufnahme Werkhalle
PROZESS
CONTEXT
Ausgangssituation war es, ein Gebäude zu entwerfen, welches Industrie, Gewerbe und Wohnen in sich sinnvoll vereint. Erste Vorstellungen dafür entstanden während der Aus- wahl eines Ankermieters, der als massgeblicher und ent- wurfsbestimmender Einstieg in das Projekt diente.
Der Ankermieter stellt eine Werkstatt dar, welche neben schwersten Baugeräten wie Kränen und Lastwagen auch weitere Spezialbaumaschinen wie Erdsondenbohrer repa- riert. Neben der Reparatur werden auch eigens angefertig- te Bauteile entwickelt und hergestellt. Die unmittelbare Nähe zur Autobahn in Schwammendingen ist ein wichti- ger Faktor zur Ansiedlung der Grosswerkstatt an diesem Standort. Sowohl Zürich, der nah gelegene Flughafen aber auch die Anbindung an die Hauptautobahnachsen richtung Bern, Basel und Winterthur besterken den Sitz.
Strassennetz Zürich und Umgebung
Die baulichen Parameter für die Werkstatt sind eine ebe- nerdige Halle mit einer mindestgrösse von 2200m2 und einer Raumhöhe von 15m. Dazu eine Hallenstruktur, welche unterschiedliche Raumabfolgen zulässt.
NUTZUNG
Durch die Wahl verschiedener Nutzer oder Nutzungs- einheiten kann das Gebäude hybride, durchmischte oder auch mehrfache Nutzungseigenschaften erhalten.
Durch das Zusammentreffen verschiedener Nutzungen, er- geben sich zeitbedingt differenzierte Nutzungsarten. Wäh- rend im Ablauf eine Nutzung auf die andere folgt, wird eine hybride Struktur dargestellt, bei zeitgleicher Nutzung findet jedoch eine Nutzungsdurchmischung oder sogar eine Mehrfachnutzbarkeit statt. Die verschiedenen Aggregats- zustände in den Entwurf einzubinden, bildet Motivation
und Herausforderung zugleich. Es gilt die ökonomischen, wie auch sozialen Vorzüge dieser Strukturen zu verfolgen. Während sich nutzungsspezifisch hauptsächlich die Werk- stätten im Erdgeschoss wieder finden, werden Wohn- und Ateliertypologien darüber angeordnet. Die industriell genut- ze Halle bildet somit das Sockelgeschoss, auf dem sich vertikal kleinere Strukturen entwickeln können.
Der Masterplan der Überlandstrasse sieht ein Raumprogramm mit einer Ausnützung von ca. 2.30 und einem Mindestanteil an Gewerbeflächen von 40% vor.
Diese werden anfangs [im Verlauf des Prozesses] durch ein Zwischengeschoss getrennt, als Puffer des lauten Sockels und der leisen Wohnlandschaft. Neben der formalen Trennung der unterscheidlichen Nutzungen verkörpert die angedachte Plattform eine mehrfach nutzbare Fläche. Sie beinhaltet mög- liche Erschliessungen, Haustechnik, Freiflächen, Ateliers und ein hohes Potential für Zwischennutzungen.
1111 Lincoln Road, Jacques Herzog + Pierre de Meuron
STRUKTUR I
Aus der hohen Anforderung, grosse Hallenflächen zu über- spannen, entstanden in den ersten Skizzen und Entwürfen eine scheibenartige Struktur. Die Fassadenscheiben bildeten einen in sich statisch ausgeglichenen Rahmen mit vier Fus- spunkten. Im innern überspannte eine Kasettendecke mit schmalen hohen, scheibenartigen Unterzügen die Halle.
Ausgehend vom statischen Prinzip, war es wichtig die Ras- terung auf 10 Meter anzulegen - einerseits um eine Flach- deke ohne sekundäre Unterzugsstruktur zu ermöglichen, andererseits grösstmögliche Bewegungsfelder in der Halle zu generieren.
Das Innenräumliche Bild veränderte sich komplett und wurde erst durch die Innenraumaufnahmen des 1:100 Modelles fassbar. Durch die Anordnung der Scheiben ergaben sich weit geöffnete, weniger geöffnete bis zu ge- schlossene Räume, die so die anfangs gewünschte Vielfalt an Raumabfolgen ermöglicht. Das gefundene Scheiben- system wurde zunächst in die Vertikale addiert. Diese For- male Fortführung entsprach dem statischen System und der Nutzung des Zwischengeschosses. Der obere Rahmen, analog zum unteren, dient hier vor allem dem Schallschutz. Die Wohnstruktur ist somit in den Rahmen eingebettet. Um die flächendeckenden Wohnungen zu belichten, er- folgt der Rückgriff auf eine archetypische Patiohaus-ähn- liche Struktur, die in verschiedenen Ländern Afrikas zu finden ist. Die Häuser befinden sich dabei, nicht wie ge- wöhnlich in europäischen Ländern über der Erdoberflä- che, sondern in der Erde. Aufgrund ihrer Lage erfolgt die Erschliessung überirdisch. Die Skizze zeigt die Absicht, durch eine direkte vertikale Erschliessung auf das Dach zu gelangen, welches als Erschliessungsteppich und Freiraum für die Wohnungen genutzt wird.
Die Trennung der thematischen Welten wird so unter- strichen und wertvoller Freifläche im geschützen Rahmen gesichert.
„Die Zukunft, die wir wollen, muss erfunden werden. Sonst bekommen wir eine, die wir nicht wollen.“
Joseph Beuys
Skizze
NACHHALTIGKEIT
Der Begriff der Nachhaltigkeit wird im Entwurf beson- ders als kulturell Nachhaltigkeit verstanden. Durch die Absicht, mit Scheiben Räume zu bilden, welche aus der eigenen Figur eine sich wandelnde Räumlichkeit schaf- fen, entsteht eine Variabilität für den Nutzer.Die geplante
Struktur ermöglicht es, Nischen und Räume mit wenigen Mitteln zu begrenzen, wie auch die gesamte Halle einzu- beziehen.
Nachhaltigkeit wird also als architektonischer Begriff ver- wendet, der keine Nutzerspezifischen Argumente findet, viel mehr soll das Raumangebot nutzergetragene Möglich- keiten und Chancen bieten, welche dem Moment entspre- chen. So ist es beispielsweise möglich, dass sich die Spezi- alwerkstatt am Wochenende zum Club verwandelt, oder in einigen Jahren sogar komplett zum Theater wird. Das Thema der hybriden, gemischten Nutzung, wie der Nut- zungsdurchmischung wiederholt sich hier und unterstützt den Begriff der Nachhaltigkeit in diesem Sinn.
WOHNTYPOLOGIE I
Entsprechend dem Grundraster haben die Wohnungen ein Achsmass von 10.00 auf 10.00 Meter. Die Belich- tungshöfe haben eine Mindestgrösse von 3.00 auf 6.00 Meter um zwei Geschosse zu belichten. Wichtigstes Kri- terium beim Entwurf des Wohntyps ist die Verbindende Dachfläche, sie muss jedem Bewohner eine unbeschwer- te Erschliessung seines Moduls ermöglichen. Daraus geht hervor, dass Dachflächen eine Shared Zone darstel- len, welche immer aneinander grenzen müssen. Ein hier- für benötigtes Wegenetz verdrängt den bis anhin ange- dachten grünen Dachteppich. Als Lösungsweg bietet sich das Zwischengeschoss als gleichzeitiger Verteiler für die einzelnen Wohnmodule an. Fortan besteht eine grössere Freifläche auf dem Dach und eine grosszügige Erschlies- sung kann gewährleistet werden.
Eine ähnliche Typologie findet man bei Kisho Kuro- kawa‘s Agricultural City. Das Konzept der Agricultural City sieht eine Überlagerung von Landwirtschaft auf dem Boden und städtischem Programm auf erhöhter Ebene vor. Dieses ist in ein ortogonales Raster aufgeteilt. Das Raster enthält die Infrastruktur der Siedlung. Die Felder können beliebig mit Wohnhäusern und Gemein- schaftseinrichtungen ausgebaut werden.
Jedoch ist die Addition in diesem Fall nicht kompatibel auf eine differenzierte Nutzung - eine eigene Welt sollte sebstverständlicher aus der Struktur herforgehen.
Teppichstudien
Schema Geschossentwicklung
LAUT + LEISE
Die erhebliche Lärmbesllastung im Norden durch die achtspurige Autobahn und die etwas geringere Belastung im Süden durch die Überlandstrasse sind massgebende Einflussfaktoren für die Ausformulierung der Wohnun- gen. So ist der Grund für das Anheben der Wohnstruktur nicht rein Nutzungsspezifisch, sondern aufgrund der Lär- maussetzung bewusst gewollt. Ausgehend von dieser Ana- lyse ergeben sich zwei Welten - der Sockel, eingenommen von einer lauten, passend zur Umgebung, extrovertierten Welt und im Gegensatz dazu, eine im Dach introvertierte Wohnlandschaft.
Skizze
Erste Struktur mit einer 4 Meter hohen Kasettendecke
Zweite Struktur mit konsequenter räumlicher Gliederung
Leise
Puffer Laut
Leise
Puffer
Laut
Leise Puffer
Laut
TYPOLOGIE & RAUM
Prof. Reto Pfenninger
Corina Ebeling und Andreas Weiz Endabgabe FS15 von Fatima Blötzer
ARCHIPELAGO
Im weiteren Entwurfsprozess zeigte sich die Kasettendecke nicht konsequent genug um das Konzept zu stärken. Ge- sucht war eine Struktur, welche in ihrer Addition sowohl die statische Funktion als auch die räumliche Gliederung der Halle übernimmt. Es entsteht ein konsequentes Gefü- ge, das sich von der Fassade bis in den Innenraum zieht.


































































































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