Page 3 - Stipendium, Landschaft, Nikolai Hein und Yumeng Zhang (D, A, CH)
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Fauna-Galerie der unteren Ebene Schnitt A-A‘ M 1:200
Gestaltungslinie
Unser Planungsgebiet wird vom 10-jährlichen Hochwasserereignis zwar großflächig beeinflusst, dies aber nur von einem Wasserstand bis zu 50 cm (vgl. Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz). Eine Ausnahme bildet der tiefer liegende untere Brückenbereich, hier kann der Wasserpegel schon mal auf 100 cm ansteigen. Diese Tatsache wird in der Umgestaltung berücksichtigt, um den Freiraum als Retentionsraum für den Nutzer ablesbar zu machen. Das Gebiet wird dafür von unterschiedlichen Höhenebenen durchzogen, wobei die oberen vom Hochwasser geschützt sind und dieses erlebbar machen, die unteren hingegen das Aufnahmevolumen der Flutmulde vergrößern. Der Brückenraum ist der obere Startpunkt der Ebenen. Der sich unter der Brücke ergebende Raum beinhaltet unterschiedlich hohe Plattformen mit integrierten, meist sportlichen Freizeitnutzungen. Die Formensprache der Plattformen entsteht auf der Grundlage der Formen der Bestandsvegetation: Aus den abstrahierten Positionen der Vegetation im Raum entstehen polygonale Hauptformen. Diese sind in weitere integrierte Formen zerlegt, wodurch ein Formenka- talog entsteht. Mit einer Formenauswahl dieses Katalogs entstehen die Plattformanordnungen unter der Brücke, die eine Vernetzung in der Fläche ermöglichen. Die Höhenstaffelung zieht sich vom Brückenniveau bis hin zum drei Meter unter Bodenniveau verlaufen- den Galerie- und Festplatzbereich der Wiesen, welcher Hochwasser versickert.
Innerhalb des Planungsgebietes erschließen polygonale Wegeverbindungen die Fläche. Die Gestaltung orientiert sich wiederum an den Positionen der erhaltenen Bestandsvegetation (Baum- und Strauchinseln). Wegeverbindungen entstehen, die BesucherInnen dieses Gebietes zu besonderen Orten des Raumes führen. Diese Besonderheiten ergeben sich zum einen aus dem Bestand heraus, wie die den Raum durchziehenden Schienen oder die Spontanvegetation, zum anderen sind sie die ausgefallenen Plattformkonstruk- tionen für moderne Sportarten.
Vegetation kann durch Gitteröffnungen wachsen
Gitterweg zur Sichtbarmachung der Spontanvegetation
spontaner Sameneintrag während Nutzung
Entwicklung der Spontanvegetation durch Windverbreitung
Entwicklung der Spontanvegetation durch Eintrag von Samen durch Mensch und Tier
Gitterweg, 20 cm erhöht Spontanvegetation
Naturbeobachtung
Formenkatalog:
Formenfindung der Plattformen durch Abstrahierung der Bestandsvegetation-Positionen
Laut ISEK können Industriebrachen in der Flutmulde umgenutzt werden (vgl. ISEK 2015: 291). In unserer Planung möch- ten wir die brach gefallenen Schienenflächen für die Beobachtung von Flora und Fauna erschließen. Die Wege rücken dafür bis an die Schienen, lassen diese und die sie zunehmend überwuchernde Spontanvegetation aber unberührt. BesucherInnen können den Schienenbereich und seine Flora und Fauna aus nächster Nähe beobachten oder als Spielelement nutzen.
Im nördlichen Eingangsbereich empfängt eine ebenerdige Galerie mit Pflanzenmotiven die BesucherInnen. Die Bild- motive sind in die Wandfläche des angrenzenden Speditionsgebäudes eingelassen. Das Galerie-Element wiederholt sich im vertieften Bereich, jedoch werden dort Tierarten der Flutmulde dargestellt. An einigen Stellen wird das Erdreich in seinem Schichtaufbau ersichtlich. Dies ermöglicht eine installierte Glasscheibe, die einem sonst verwehrte Blicke in das Erdreich ermöglicht, wie dies auch beim botanischen Garten in London der Fall ist. Nutzer können hier die unter- schiedlichen Bodenhorizonte und eventuell sogar Tunnelbauten von Maulwürfen sowie verschiedene Lebewesen des Erdreichs beobachten. Ein weiteres zu beobachtende Element stellen die nach Süd-Osten ausgerichteten Trocken- mauern dar, die einen Lebensraum für Mauereidechsen ermöglichen. Hier kann die Mauereidechse beim Sonnenba- den beobachtet werden. Die natürliche Dynamik, wie das Auftauchen und Verschwinden der Mauereidechsen und die durch die Erdlebewesen veränderte Erdsichtfläche, bietet immer wieder neue Anreize zum Beobachten. Die Dynamik wird auch durch die spezielle Erschließung verstärkt: Von der Grasnarbe erhöhte Gitterelemente, die als Wegebelag fungieren, lassen die Vegetation durchwachsen. Diese Vegetation entsteht spontan, durch Anflug oder das Eintragen von Samen durch Mensch und Tier. Das Gitter ermöglicht zudem, dass der Boden nicht durch Nutzung verdichtet wird und Wasser versickern kann. Im östlichen Abschnitt geht die von den Gittern überdeckte Vegetationsschicht in eine Böschung über, welche sich zum liegenden Beobachten eignet und an die Königinhofstraße anschließt.
Schnitt B-B‘ M 1:200